10. April 2014. Durch den längsten Eisschlauch der Ostalpen.
Mit etwa 900 Höhenmetern gehört der Weg durch den Canalone zu einem der längsten Eisrouten in den Ostalpen. So viele Möglichkeiten hatten wir in den Dolomiten, letztendlich landen wir am Vorabend in Madonna di Campiglio. Nichts wird es aus einer verkürzten Anfahrt zum Rifugio Vallesinella. Der Schranken ist zu. Somit kommen nochmal ca. 8 km (hin und retour) zu Fuß dazu. Sollen wir uns das wirklich antun? Die Motivation ist nach wie vor vorhanden.
Ich bin mit Toni Brey unterwegs. Fotograf, bayrisches Skiurgestein. Wir mieten uns in eines der wenigen, offenen Hotels ein, um zumindest für ein paar Stunden Schlaf zu finden. Das Frühstück darf für Toni nicht fehlen, so wird es 6.45 Uhr bis wir vom Auto starten. Für mein Gespür eher auf der späten Seite für solch eine Frühjahrstour, doch wie sich herausstellt ist das Timing trotzdem voll in Ordnung.
Ein 45minütiger Hatscher mit Rucksack, Ski und Skischuhen am Rücken bevor wir das Rifugio Vallesinella erreichen und wir dort dann endlich die Felle aufziehen können.
Aufstieg durch den Wald zum Rifugio Casinei und dann weiter über die ausgesetzte Westseite Richtung Rifugio Brentei (sentiero 391).
Gegen elf Uhr sind wir (über mehrere Umwege) am Fuße der Canalone di Tosa angekommen. Die ersten Skifahrer kommen uns bereits entgegen. Doch ein wenig was los in der Rinne.
Auch gut wenn die meisten schon unten sind. So kann uns nicht mehr so viel auf den Schädel fliegen. Na ja, das weiß man ja nie ;-)… Wir montieren die Steigeisen und stapfen die Rinne hoch. Die zwei jungen deutschen Skibergsteiger die wir gestern getroffen haben kommen uns entgegen. Das sind die Letzten. Jetzt sind wir nur noch alleine am Berg unterwegs.
Es geht gut voran. Die Stapf-Spur von den anderen Leuten ist allerdings nicht mehr vorhanden. Vom Winde verweht. Dieser bläst sehr stark und am Ausstieg der Rinne bleibt nicht viel Zeit für ein Verweilen.

Schnell abfellen, bereit zur Abfahrt machen. Toni kämpft die ersten Höhenmeter ein wenig, denn er hat Höhenangst und ist eigentlich nur schmale Rinnen gewöhnt. Diese hier ist doch eher breit. Die ersten Schwünge fallen ihm deshalb schwer, doch er kommt ins Fahren und meistert die Rinne vorzüglich. Es ist zwar hart, aber die Bedingungen sind gut zu fahren. Macht Spass und für mich ist die Steilheit gottseidank überhaupt kein Problem!
Je weiter wir nach unten kommen, desto mehr “saugt” der Schnee. Wir entscheiden uns für die Aufstiegsvariante. D. h. zurück über den Aufstiegsweg. Es gäbe noch eine Alternative, doch unsere Schuhe und Toni’s Ankunftsbier sind beim Rifugio Vallesinella deponiert. So kämpfen wir uns wieder zurück über die Westseite (stapfen und teilweise mit Skiern an den Füßen). Die Schritte werden langsamer, Müdigkeit und Anstrengung kommt immer mehr auf. Endlich. Das Rifugio Casinei in Sichtweite. Wir können die Skier anschnallen und durch den Wald bei überraschend guten Firnbedingungen abfahren. Buona sera Rifugio Vallesinella. Wie schön wäre jetzt ein Fahrrad…

Eine dreiviertel Stunde später mit der heavy load am Rücken erreichen wir zu Fuß das Auto. Es ist 20 Uhr. Wir sind kaputt. Die Dunkelheit tritt ein und wir fahren noch an diesem Abend heim. Um Mitternacht fliege ich todmüde ins Bett… Trotzdem, scheee woars 🙂
Hier noch Toni’s Bilder:
http://www.brey-photography.de/WEB_cimaTOSA/
Facts zu dieser Tour:
Eisrinne bis 50 Grad, kontinuierliche Steilheit um etwa 45 Grad. Aufstieg: Start: Madonna di Campiglio (1522m) – 4 km bis zum Rifugio Vallesinella (1513m) – Rifugio Casinei (1825) – 3,5 km bis zum Rifugio Brentei (2182m) – Cima Tosa (3173m). Abfahrt wie Aufstieg.
Gesamt: ca 16 km, 1700 Höhenmeter.
Alternativ kann man auch übers Val Brenta aufsteigen und sich somit die westseitige Hatscherei ersparen. Das ist die Italiener-Variante und macht meiner Meinung nach mehr Sinn!