Endlich. Chamonix im Winter. Bis dato hatte ich es immer nur im Sommer hierher geschafft. Gemeinsam mit Liz hatte ich beschlossen die Westalpen unsicher zu machen. Zwar wussten wir dass die Schneeverhältnisse eher bescheiden sind, doch was soll’s. Die Szenerie, die massiven Berge, sind es allemal Wert den Westalpen einen Besuch abzustatten.
13. April, Tag 1
Col du Tacul, Capucin traverse 3337m
Northeast, sect. 55°; 45°/350, Ski: 5.1, Alpine: AD, 1120 hm;
Für den ersten Tag eine perfekte Tour, um einen Überblick über die Verhältnisse am Berg zu bekommen. Auch wenn die Schneequalität nicht bestens war, das Rund-um-Paket aus Auffahrt mit der Aiguille du midi Bahn, den Aufstieg mit Tourenskiern und Steigeisen, plus Abseilen, macht Lust auf mehr. Wir fühlen uns klein in dieser großen, faszinierenden Bergwelt. Gerade noch rechtzeitig erreichen wir die letzte Bahn der Montenvers Bahn um 17 Uhr. Die 400 Stufen bis zur Bahnstation sind ein reiner Genuss 😉 Es war ein langer Tag. Lustigerweise haben wir gleich am Morgen Bekannte getroffen. Ich, einen Kollegen der Skitourenausbildung, Liz, heimische Freunde die den Rest des Winters in Chamonix verbringen.
14. April, Tag 2
Aiguilles Marbrées, West colouir, 3483m
350 hm, 40-45°/120m, Ski: 3.1, Alpine: AD-
Easy day today. Wind war heute bereits recht stark. Gemütlicher Tag am Berg.
15. April, Tag 3
Geplant: Col des Cristaux, East Couloir, 3601m
900 hm, northeast, Slope: sect. 50°; 45°/400, Ski: 5.1, Alpine: AD
Vom Winde verweht… Der Tag begann gut, doch Mutter Natur wusste ein Wörtchen mitzureden. An der Bergstation der Grand Montets Bahn wurden wir sprichwörtlich vom Winde verweht. Mit über 100 km/h am Berg hatten wir an diesem Tag hier oben nichts verloren und mussten unsere geplante Tour abbrechen. Stattdessen gab’s Croissants und Kaffee bei Chris, Martina und Manu. Auch gut.
16. April, Tag 4
Standortwechsel. Da weiterhin starker Wind in den französischen Alpen gemeldet ist, beschließen wir ins Aostatal zu fahren, um dort den Dent’d’Herens zu besteigen.
Die Anreise ins Aostatal gestaltet sich als umständlich. Als Saisonkartenbesitzer hatte uns Manu ein Schnäppchen Mont Blanc Tunnel (hin und retour) organisiert. Satte 42,10 Euro kostet sonst die Hinfahrt! Wäre da nicht die unfreundliche Dame am Schalter gesessen, die darauf beharrt hätte, dass wir ihr die Saisonkarte zeigen… Als Kletterurlauber haben wir ja keine Skipässe dabei 😉 Na ja, einen Versuch war es wert. Somit ist jedoch wertvolle Zeit verloren und wir machen uns über die Alternativroute, den Grand St. Bernhard Tunnel.
Bis wir letztendlich vom Lac des Places de Moulin (1985m) los starten ist es bereits knapp vor 18 Uhr. Die erste Stunde zum Rifugio Praz Raye (2010m) heißt es wieder einmal schwere Last am Rücken tragen. Ski, Skischuhe, Essen, Kocher, Pickel, etc… Da kommt ganz schön einiges an Gewicht zusammen.

Ab dem Rifugio können wir aber wenigstens anfellen und mit den Skiern weitermarschieren. Na ja, auch nicht durchgehend, denn es erwartet uns eine ziemlich steile, anspruchsvolle Quererei oberhalb von felsigem Gelände, wo es nicht von Vorteil wäre auszurutschen. Es ist wieder einmal ein langer Hatscher und so langsam wird es dunkel. Die Hütte haben wir bis dato nicht gesichtet. Glücklicherweise leuchtet uns ein Hüttenbesucher die exakte Position der Hütte. Somit wissen wir wo die Hütte liegt, um sie in der Dunkelheit zu finden…
Trotzdem ist es kein leichtes Unterfangen im Dunkeln das Rifugio Aosta zu finden. Um 23 Uhr sind wir jedoch angekommen. Ein fast voller Winterraum mit 14 Personen, die bereits alle im Reich der Träume liegen, erwartet uns. 2 Schlafplätze sind noch frei, jeder von uns bekommt eine Decke, das muss reichen. Damit hatten wir wirklich nicht gerechnet. Schließlich ist der Dent d’Herens kein vielbegangener Berg. Wie sich später herausstellt der Wintergipfel des Dent d’Herens jedoch schon 😉
Eine einzige Decke ist für mein Kälteempfinden natürlich zu wenig, mich friert es. Somit ist die Nacht inklusive zwei katastrophal lauter Schnarcher sehr kurz. Na ja. So fällt das Aufstehen leichter. Wobei auch nicht wirklich. Wir starten gegen 6 Uhr von der Hütte. Es wird hell und somit sind die Stirnlampen nicht mehr notwendig.
Wir erreichen den Col des Grandes Murailles auf 3827m. Es bläst ein kalter Wind und somit entscheiden wir weiter bis zum Bivacco Perelli zu gehen, um dort eine gemütliche Pause mit herzhafter Jause (es gibt französische Spezialitäten: Wurst und Baguette) einzulegen. Die Südwestflanke des Dent d’Herens erscheint in keinem guten Licht. Zumindest aus Skifahrerperspektive. Eine durchgängige Befahrung wäre unmöglich. Somit entscheiden wir, dass wir weiter bis zum Wintergipfel auf 3950m gehen. Weiter geht’s nimmer. Zumindest für uns. Passt bestens. Mein körperlicher Zustand war sowieso nicht auf der Höhe… Alles gut.
Wir warten bis es aufgefirnt hat, denn der Aufstieg war teilweise kräftig vereist. Aufstieg ohne Harscheisen wäre unmöglich gewesen. Geduld ist eine wertvolle Tugend und wir werden belohnt mit einer schönen, langen Firnabfahrt. 2000 Höhenmeter bergab!!!! Wir erreichen das Rifugio Praz Raye und gönnen uns eine wohlverdiente Pause mit etwas zu trinken. Denn es erwartet uns noch eine gute Stunde Schinderei bis wir wieder das Auto erreichen… Auch das haben wir geschafft und nun sind wir einfach nur müde… Auf geht’s nach Aosta und am nächsten Tag wegen zunehmendem Schlechtwetter wieder ab in die Heimat. Lässig war’s! Ein cooles Abenteuer! Westalpen wir kommen wieder…